Verkehrsrecht

Tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland unwirksam, OVG Koblenz Beschluss vom 21. Juni 2007

Anscheinsverschulden des Linksabbiegers, BGH-Urteil vom 13.02.2007

Verkehrsunfall: Erstattungsfähiges Sachverständigenhonorar, BGH- Urteil vom 23.01.2007

Verkehrsunfall: Verstoß bei Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands, BGH-Urteil vom 16.01.2007

Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis wegen rechtsmissbräuchlichen Erwerbs, Urteil des Verwaltungsgericht Neustadt vom 14.01.2008

Keine Leistungspflicht der Kaskoversicherung bei falschen Angaben zum Unfallort, LG Berlin-Urteil vom 22.03.2007

Haftungsprivileg für Kinder unter besonderen Umständen auch für Unfälle bei ruhendem Verkehr, BGH-Beschluss vom 11.03.2008






Tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland unwirksam, OVG Koblenz Beschluss vom 21. Juni 2007

Az.: 10 B 10291/07

Eine in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis kann in Deutschland nicht anerkannt werden, wenn sie in offensichtlich rechtsmissbräuchlicher Umgehung der deutschen Vorschriften erworben wurde.

Zwar würden die von den Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse zur Förderung der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union (EU) grundsätzlich gegenseitig anerkannt. Auf diesen Anerkennungsgrundsatz könne sich ein Fahrerlaubnisinhaber in Fällen eines offenen Missbrauchs jedoch nicht berufen. Hiervon sei auszugehen, wenn er wegen schwerwiegender Eignungsmängel die nationale Fahrerlaubnis nach dem in seinem Herkunftsland geltenden Recht nicht habe wiedererlangen können und er sie nur deshalb im EU-Ausland erworben habe.

Anscheinsverschulden des Linksabbiegers, BGH-Urteil vom 13.02.2007

Az: VI ZR 58/06

Erfolgt eine Fahrzeugkollision zwischen einem nach links abbiegenden und einem entgegenkommenden, geradeaus fahrenden Fahrzeug, so sprechen in der Regel für das Unfallverschulden des Abbiegenden die Grundsätze des Anscheinbeweises. Diese Beweiserleichterung folgt aus der typischen Realisierung des Risikos, welches durch das Nichtbeachten der Vorfahrtsberechtigung des entgegenkommenden Fahrzeugführers resultiert. Der Abbiegende hat, sofern keine besonderen Umstände wie z.B. Ampeln vorhanden sind, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften.

Verkehrsunfall: Erstattungsfähiges Sachverständigenhonorar, BGH- Urteil vom 23.01.2007

Az: VI ZR 67/06

Die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung werden nicht dadurch überschritten, dass ein Kraftfahrzeugsachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt. Sachverständigenhonorare sind insoweit erstattungsfähig.

Verkehrsunfall: Verstoß bei Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands, BGH-Urteil vom 16.01.2007

Az: VI ZR 248/05

Wer im Straßenverkehr zu dicht auf den vorausfahrenden PKW auffährt, ist nach Beweis des ersten Anscheins als unaufmerksam oder zu dich aufgefahren einzustufen.

Eine Erschütterung des Anscheinsbeweises ist nicht möglich, wenn das vorausfahrende Fahrzeug durch eine Vollbremsung oder Notbremsung zum Stillstand kommt, da ein solches plötzliches Bremsen des Vorausfahrenden von einem PKW- Führer einkalkuliert werden muss.

Der Verstoß muss gegen § 4 Abs. 1 StVO im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile grundsätzlich berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob der andere Unfallverursacher in den Schutzbereich dieser Vorschrift einbezogen ist.

Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis wegen rechtsmissbräuchlichen Erwerbs, Urteil des Verwaltungsgericht Neustadt vom 14.01.2008

Az: 3 L 1568/07.NW

Wer eine ausländische Fahrerlaubnis erwirbt, um so die Folgen einer bevorstehenden Entziehung seiner deutschen Fahrerlaubnis zu umgehen, handelt rechtsmissbräuchlich; die Fahrerlaubnisbehörde darf in diesem Fall auch den ausländischen Führerschein entziehen.

Keine Leistungspflicht der Kaskoversicherung bei falschen Angaben zum Unfallort, LG Berlin-Urteil vom 22.03.2007

17 O 71/06

Nach der Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 22.03.2007 kann die Kaskoversicherung die Regulierung eines Unfallschadens ablehnen, wenn der Versicherungsnehmer bei der Schilderung des Unfallhergangs und des Unfallortes ungenaue oder falsche Angaben macht, die beim Versicherer einen unzutreffenden Eindruck vom Unfallgeschehen erwecken bzw. erwecken können.

Der Versicherungsnehmer ist zur umfassenden Aufklärung aller schadensrelevanter Umstände wie Schadensort und -zeit verpflichtet. Kommt er dem trotz mehrmaliger Nachfrage des Versicherers nicht oder nicht hinreichend nach und kommt der Versicherer aufgrund der Angaben des Versicherungsnehmers zu einem vom tatsächlichen Schadenshergang abweichenden Hergang (in vorliegendem Fall zu einem anderen Unfallort), führt dies zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Das Landgericht sah hierin einen Verstoß des Versicherungsnehmers gegen seine Obliegenheit zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung.

Zum gleichen Ergebnis kam das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 18.10.2007 (AZ: 12 U
9/07)
.
Hier hatte ein Versicherungsnehmer nach einem Unfall wider besseren Wissens angegeben, er sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und das Unfallfahrzeug gehöre nicht zu seinem Betriebsvermögen. Zur Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers gehöre, dass er die Tatsachen kennt, zu denen er Angaben gegenüber seinem Versicherer macht. Sind diese unvollständig oder bewusst falsch oder für den Versicherer nicht erkennbar ins Blaue hinein erklärt worden, führt dies zur Leistungsfreiheit des Versicherungsunternehmens.

Haftungsprivileg für Kinder unter besonderen Umständen auch für Unfälle bei ruhendem Verkehr, BGH-Beschluss vom 11.03.2008

Az: VI ZR 75/07

Gemäß § 828 Abs. 2 S. 1 BGB sind Kinder zwischen dem 7. und dem 10. Lebensjahr nicht für Schäden verantwortlich, die sie bei einem Unfall mit einem Kfz, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügen.

Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, dass die gesetzliche Regelung ihren Hintergrund darin hat, dass sich eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann, die infolge der Schnelligkeit, Komplexität und Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr zu einer Überforderung des Kindes führen kann.
Der Gesetzgeber hat in der Regelung des § 828 BGB die Altersgrenze der Deliktfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt, um eine klare Haftungsgrenze von Kindern zu ziehen (vgl. BGH-Urteil vom 14.06.2005 - VI ZR 181/04 - Versicherungsrecht 2005, 1154, 155; BGH-Urteil vom 17.04.2007 - VI ZR 109/06 - Versicherungsrecht 2007, 855, 856). Nach den Entscheidungen kommt es daher nicht darauf an, ob sich eine bestehende Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten.

Im Weiteren hat der BGH nochmals klargestellt, dass bei der Anwendung des Haftungsprivilegs in § 828 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht zwischen fließendem und ruhendem Verkehr zu unterscheiden ist. Eine Anwendung des Haftungsprivilegs scheidet nur in den Fällen aus, in denen sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe des § 828 Abs. 2 BGB mit einem Skateboard oder einem Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben. In diesen Fällen hat der BGH die Anwendung des Haftungsprivilegs verneint und eine Schadensersatzpflicht bejaht (vgl. hierzu BGHZ 161, 180; BGH-Urteil vom 30.11.2004 - IV ZR 365/03 - Versicherungsrecht 2005, 380).

In seiner Entscheidung vom 11.03.2008 hat der BGH die Anwendung des Haftungsprivilegs insbesondere auch im ruhenden Verkehr nochmals bestätigt. In diesem Fall ist ein Kind mit einem Fahrrad gegen ein mit geöffneten hinteren Türen am Fahrbahnrad geparktes Fahrzeug gefahren. Das Gericht hielt eine typische Überforderungssituation des Kindes für gegeben. Indem der Fahrzeugführer sein Fahrzeug mit weit geöffneten hinteren Türen abgestellt hatte, hat er das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß geparkt.
Hierdurch sei eine besondere Gefahrenlage für das als Verkehrsteilnehmer auf der Straße fahrende Kind gegeben gewesen. Die typische Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr begründete sich insbesondere auch darin, dass das Kind erst 20 m vor dem Fahrzeug aus einer anderen Straße eingebogen war. Hierdurch konnte es die Gefahrensituation nicht oder nicht so schnell erkennen, um unfallvermeidend rechtzeitig reagieren zu können.